Bedämpfung von Bassreflex-Systemen

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Bild 1
Impedanz der Bassreflexbox 10 – 100 Hz;
Füllgrad 0 – 200 %

Interessant ist nun, wie sich die Gehäusebedämpfung auf ein Bassreflexsystem auswirkt. Dazu wurde das gleiche Gehäuse mit einem Bassreflexrohr BR 25.50 versehen und zunächst die Impedanzmessungen wiederholt (Bild 1). Auch hier werden in das System mit steigendem Füllgrad eine zunehmende Masse und steigende Dämpfungsverluste eingefügt. Weiterhin bewirkt das Dämpfungsmaterial einen Abfall der Federkonstante, was sich als virtuelle Volumenvergrößerung äußert.

Die beiden Reihenresonanzen bei 20 Hz und 50 Hz zeigen das bereits von dem geschlossenen Gehäuse her bekannte Verhalten: Absinken der Resonanzfrequenz bis zur Wirkung der Überdämpfung bei 200% Füllgrad und eine permanente Verringerung der Impedanzmaxima.

Bild 2
Frequenzgang der Bassreflexbox 20 – 100 Hz;
Füllgrad 0 – 200%
Bild 3
Frequenzgang 20 – 100 Hz;
1. geschlossen Füllgrad 0%
2. Bassreflex Füllgrad 0%
3. geschlossen Füllgrad 400%
4. Bassreflex Füllgrad 400%

Das Impedanzminimum zwischen den beiden Maxima kennzeichnet die Abstimmfrequenz der Bassreflexbox. Dabei ist der Helmholtzresonator unabhängig vom Lautsprecher.
Die virtuelle Volumenvergrößerung und die zusätzliche Masse bewirken auch hier ein Absinken der Tuningfrequenz. Bei den Versuchen wurde der Raum direkt hinter dem Bassreflexrohr nicht freigehalten, sondern für eine möglichst gleichmäßige Füllung des Gehäuses gesorgt. Durch das Dämpfungsmaterial wird der Resonator in seiner Wirkung immer mehr abgeschwächt, was am Ende bei einer Überdämpfung dazu führt, dass er überhaupt nicht mehr wirksam ist. Deutlich wird dies am fast vollständigen Verschwinden der unteren Reihenresonanz bei 20 Hz und der Parallelresonanz des Helmholtzresonators. Bei der Überdämpfung der Bassreflexbox nähert man sich damit einer überdämpften geschlossenen Box. Dies ist auch logisch, da der Resonator irgendwann völlig verstopft ist und es sich im Prinzip nur noch um eine überdämpfte geschlossene Box handelt. Man findet diese Wirkung im Frequenzgang wieder (Bild 2, 3). Im unbedämpften Zustand ist der bekannte 24 dB-Anstieg unterhalb der Tuningfrequenz zu erkennen. Durch die Bedämpfung verringert sich die Wirkung des Bassreflexsystems, und man nähert sich dem von der geschlossenen Box her bekannten 12 dB-Anstieg. Dies ist mit einem Pegelgewinn unterhalb der Tuningfrequenz verbunden. Da aber einerseits der Helmholtzresonator nicht mehr wirkt und andererseits die Dämpfungsverluste ansteigen, verliert man oberhalb der Tuningfrequenz in einem Frequenzbereich von wieder rund 2 Oktaven an Pegel. Bei einer Überdämpfung sind dies über 4 dB.

  • Füllgrad von 100% / Box gleichmäßig gefüllt – 1 dB
  • Füllgrad von 200% / Box gleichmäßig gefüllt – 2 bis – 3 dB
  • Füllgrad von 400% / Box gleichmäßig gefüllt – 4 bis – 6 dB
Bild 4a
Ausschwingverhalten der Bassreflexbox
20 – 1000 Hz Füllgrad 0%
Bild 4b
Ausschwingverhalten der Bassreflexbox
20 – 1000 Hz Füllgrad 100%
Bild 4c
Ausschwingverhalten der Bassreflexbox
20 – 1000 Hz Füllgrad 200%

Die Gehäuseresonanzen bei 300 Hz und 600 Hz sind auch hier wieder bei einem Füllgrad von 80% – 100% genügend bedämpft, und eine weitere Füllung bedeutet nur unnötigen Pegelverlust und bringt auch keine Verbesserung mehr (siehe Ausschwingverhalten; Bild 4 a, b, c).

Berechnet man eine Bassreflexbox, kann das Boxenvolumen unter Beibehaltung des Bassreflexrohres verkleinert werden, und man erhält die gleiche Abstimmung mit einem bedämpften Gehäuse.
Das Gehäuse sollte dabei bis maximal 100% gefüllt werden, wobei dafür zu sorgen ist, dass der Bereich vor dem Bassreflexrohr frei von Dämpfungsmaterial bleibt. Dann ist auch der Wirkungsgradverlust oberhalb der Tuningfrequenz akzeptabel. In Ausnahmefällen kann, wenn der Wirkungsgradverlust gewünscht wird, auch mit einer stärkeren Bedämpfung die Abstimmung beeinflusst werden.

 

Wo wird das Dämpfungsmaterial in eine Bassreflexbox angeordnet?

Um diese Frage zu beantworten, wurde ein Bassreflexgehäuse von 50 Litern benutzt, bei dem Dämpfungsmaterial wie folgt angeordnet werden kann:

  • über dem Lautsprecher,
  • zwischen Lautsprecher und Bassreflexrohr,
  • unter dem Bassreflexrohr

Ausgehend von der Erkenntnis, dass stehende Wellen in der Mitte der Box bedämpft werden können, wurde zunächst untersucht, wie viel Dämpfungsmaterial – in der Mitte der Box angeordnet – notwendig ist, um auftretende Störungen gut zu bedämpfen. Bei der Resonanz von 200 Hz sind dafür 80% Füllgrad nötig. Es soll nun untersucht werden, an welcher Stelle der Bassreflexbox das Dämpfungsmaterial am besten angeordnet wird. Folgende Anordnungen wurden gegenübergestellt:

Bild 7
Impedanz der Bassreflexbox 10 – 100 Hz
1. unbedämpft
2. nur oben und unten bedämpft Füllgrad 80 %
3. nur in der Mitte bedämpft Füllgrad 80 %
4. gleichmäßig bedämpft Füllgrad 80 %
Bild 8
Frequenzgang der Bassreflexbox 20 – 1000 Hz
1. unbedämpft
2. nur oben und unten bedämpft Füllgrad 80 %
3. nur in der Mitte bedämpft Füllgrad 80 %
4. gleichmäßig bedämpft Füllgrad 80 %
1. Gehäuse unbedämpft
2. Gehäuse 80% nur als Sumpf oben und unten bedämpft
3. Gehäuse 80% nur in der Mitte (zwischen Lautsprecher und Reflexrohr) bedämpft
4. Gehäuse 80% gleichmäßig bedämpft, hinter Bassreflexrohr frei

 

Betrachten wir zunächst wieder die Impedanzverläufe (Bild 5). Wie bereits bekannt, sinken durch das Einbringen des Dämpfungsmaterials alle Resonanzfrequenzen. Das höherfrequente Impedanzmaximum wird unabhängig von der Anordnung des Dämpfungsmaterials durch die steigenden Verluste bedämpft, und diese bewirken in jedem Anordnungsfall den bereits ermittelten Pegelverlust von 1 dB oberhalb der Tuningfrequenz bis zu ca. 2 Oktaven höheren Frequenzen. Unterhalb der Tuningfrequenz erkennt man an den unterschiedlichen Dämpfungen der niederfrequenten Impedanzmaxima, dass sich hier die Anordnung des Dämpfungsmaterials auswirkt. Durch das Einbringen von Dämpfungsmaterial steigt, wie bereits gezeigt wurde, der Pegel unterhalb der Tuningfrequenz an (Bild 6). Man kann sagen, je stärker die Box in der Mitte bedämpft wird, um so geringer ist dieser Anstieg. Bedämpft man die Mitte jedoch überhaupt nicht, werden im Gegenzug die stehenden Wellen nicht mehr so gut unterdrückt. Die beste Lösung stellt eine gleichmäßige Anordnung des Dämpfungsmaterials dar, bei der das Bassreflexrohr frei bleibt. Hierbei erreicht man fast den maximalen Pegelgewinn unterhalb der Tuningfrequenz, und die stehenden Wellen werden wirksam unterdrückt.

Fazit:

Ein Bassreflexgehäuse kann locker mit Dämpfungsmaterial gefüllt werden. Dadurch werden stehende Wellen im Gehäuse wirksam unterdrückt und das Boxenvolumen virtuell 20% größer. Das resultierende kleinere Gehäuse bzw. die tiefere Abstimmung wird dabei mit einem Wirkungsgradverlust im Bereich oberhalb der Abstimmfrequenz erkauft. Unterhalb der Abstimmfrequenz erzielt man dagegen einen Pegelgewinn. Eine Matte VISATON-Dämpfungsmaterial ist ausreichend für ca. 10 Liter Boxenvolumen. Einen guten Kompromiss zwischen wirksamer Unterdrückung störender Resonanzen im Gehäuseinneren und einem minimalen Pegelverlust oberhalb der Abstimmfrequenz stellt ein Füllgrad von 80% – 100% dar. Für Bassreflex-Systeme wird das Gehäuse möglichst gleichmäßig mit Dämpfungsmaterial gefüllt, wobei der Bereich hinter dem Bassreflexrohr frei bleibt, um die Luftströmung nicht zu behindern. Zwangsläufig liegt also auch Dämpfungsmaterial im Bereich zwischen Lautsprecher und Bassreflexrohr. Bei geringem Wirkungsgradverlust oberhalb der Tuningfrequenz erreicht man so einen nahezu maximalen Pegelgewinn unterhalb der Tuningfrequenz sowie eine wirksame Unterdrückung von stehenden Wellen im Gehäuseinneren.


Letzte Aktualisierung 27.10.2000
Durch Dieter Achenbach